01.09.2024
Nur vereinzelt Polizeinachwuchs für Mannheim
Trotz Einstellungsoffensive keine wirkliche Verstärkung für das Polizeipräsidium Mannheim
Nach Informationen des Innenministeriums werden zum 1. September 2024 insgesamt 191 Polizeiobermeisteranwärterinnen und -anwärter, nach erfolgreichem Abschluss ihrer zweieinhalbjährigen Ausbildung im mittleren Polizeivollzugsdienst, die Polizeidienststellen im Land verstärken. Ab dem 2. September 2024 treten sie ihren Dienst bei den jeweiligen Polizeipräsidien im Land an, so auch in Mannheim.
Das heißt im Klartext: Für das Großpräsidium in Mannheim stehen gerade mal sechs Nachwuchsbeamte von den insgesamt 191 ausgebildeten Polizeianwärtern zur Verfügung, die überwiegend den Streifendienst „verstärken“. Weitere 23 Polizistinnen und Polizisten werden zum 1. September 2024 von anderen Polizeipräsidien zum PP Mannheim versetzt.
Das Polizeipräsidium Mannheim hat 2.786 Beschäftigte (davon 1.985 uniformierte Beamtinnen und Beamte) und ist zuständig für rund eine Million (1.020.106) Einwohner auf einer Fläche von 1.315 Quadratkilometern. Lediglich 84,9 Prozent der Stellen davon sind besetzt.
Das heißt: Dem Polizeipräsidium Mannheim fehlen 203 Polizistinnen und Polizisten.
Ein Grund sind die Pensionierungen der letzten Jahre der geburtenstarken Jahrgänge. Die Einstellungsoffensive in Baden-Württemberg kann dies oft, auch im aktuellen Jahr 2024, nicht ausgleichen.
Durch Abordnungen, Dauerkrankheit, Studium und Auslandseinsätze etc. fehlen dem Mannheimer Präsidium weitere 105 Polizeibeamte. Zum Beispiel werden zusätzlich 35 Polizeibeamtinnen und -beamte ab dem 1. Oktober 2024, nach einem Auswahlverfahren zum Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst, an die Hochschule für Polizei abgeordnet. Dies stellt eine weitere Schwächung der Streifendienste dar. Diese werden zum Teil durch Rückkehrer (ein Bestandteil der 105 im täglichen Dienst fehlenden Polizeibeamten) ausgeglichen, die ihr Studium zum 1. Oktober 2024 beendet haben; dennoch bleibt ein deutliches personelles Defizit.
Rund 120 Polizistinnen und Polizisten im Streifendienst gewährleisten rund um die Uhr die Sicherheit der Menschen, z. B. bei einem Nachtdienst am Wochenende.
Das bedeutet im Verhältnis einen Polizisten auf 8.501 Einwohner.
„Umgerechnet wären das 60 Streifenwagenbesatzungen mit jeweils zwei Polizisten pro Streifenwagen. Leider sieht die Realität anders aus!“, so der Mannheimer GdP-Vorsitzende Thomas Mohr.
Oft kann bei den Polizeirevieren nicht einmal ein zweiter Streifenwagen besetzt werden, ...Thomas Mohr, GdP-Vorsitzender Mannheim u. Vize-Landesvorsitzender
Oft kann bei den Polizeirevieren nicht einmal ein zweiter Streifenwagen besetzt werden, und das zeigt sich sehr gut am Beispiel des Polizeireviers Neckargemünd.
Das Polizeirevier Neckargemünd ist zuständig für eine Fläche von etwa 255 Quadratkilometern und betreut eine Bevölkerung von rund 45.000 Einwohnern. Das Revier umfasst dabei mehrere Städte und Gemeinden im Landkreis Rhein-Neckar-Kreis, darunter Neckargemünd selbst sowie umliegende Ortschaften wie Bammental, Wiesenbach, Gaiberg und Schönau.
Für die Sicherheit in diesem großen Revierbereich sind rund um die Uhr fünf Schichten von jeweils fünf bis acht Polizisten pro Dienstgruppe zuständig. In Streifenwagen umgerechnet heißt das oft, dass eine 2-Streifenwagenbesatzung personell bei einer Schichtstärke von fünf Polizistinnen und Polizisten nicht möglich ist.
Das Polizeirevier (Dienststelle) muss aus Eigensicherungsgründen mit mindestens zwei Polizisten besetzt sein. Dazu kommen dann noch oftmals Sonderaufgaben (z. B. Unterstützung anderer Dienststellen, Ausfall durch Krankheit etc.), die die Schichtstärke weiter dezimieren. „Das ist kein Zustand, mit dem wir zufrieden sind“, so Mohr weiter.
Durch zusätzliche Dienste hat das Polizeirevier Neckargemünd beispielsweise insgesamt rund 1.600 Überstunden aufgebaut. Diese abzubauen, ist bei der angespannten Personalsituation und dünnen Personaldecke schwierig. In den anderen Polizeirevieren wird dies durch gegenseitige Dienstaushilfen ausgeglichen, um die vorgeschriebenen Mindeststärken in den Dienstgruppen zu gewährleisten.
„Nach jeder Schichtrunde hat ein Polizist in der Regel zwei Tage frei. Doch oft kommt es vor, dass gerade der Streifendienstbeamte bereits an seinem freien zweiten Tag wieder Dienst machen muss, um auszuhelfen oder wenn polizeiliche Großlagen anstehen. Da sind eine Regeneration sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kaum möglich“, ärgert sich Mohr.
Gerade im Hinblick auf diese oft dünne Personaldecke fordert die GdP Mannheim eine deutliche Erhöhung des Personals (mindestens 200 Polizistinnen und Polizisten) für das Polizeipräsidium Mannheim, insbesondere im Streifendienst. Landesweit fordert die GdP mindestens 1.500 zusätzliche Polizeivollzugsstellen.
„Mit der Einstellungsoffensive ist man da zwar auf dem richtigen Weg, und wir sind um jede Kollegin und jeden Kollegen dankbar, die zu uns kommen, aber für Mannheim ist dies durch die Zuteilungsquoten des Innenministeriums Baden-Württemberg keineswegs zielführend für die Fehlstellen, die wir haben“, so Mohr abschließend.
Hinweis:
Die Zahlen wurden zum Teil aus aktuellen Landtagsanfragen entnommen, die das Innenministerium so angegeben hatte.
Für Rückfragen:
Thomas Mohr, GdP-Vorsitzender Mannheim u. Vize-Landesvorsitzender
Weitere Informationen
Thomas Mohr
Stellv. Landesvorsitzender Beamte, Stellv. Vorsitzender Kommission Rechtsschutz
Vorsitzender Bezirksgruppe Mannheim