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06.04.2025

INSIDER-Studie unterstreicht Forderungen der GdP

INSIDER-Studie formuliert vor allem einen klaren Handlungsauftrag an die Landesregierung

Loth: „Wir sehen uns mit der Studie in unseren Forderungen nach mehr Personal und mehr Arbeitsentlastung durch die Wissenschaft bestätigt. Insofern müssen die übergreifenden Handlungsempfehlungen der Expertengruppe auch ein Handlungsauftrag für die politischen Entscheidungsträger/-innen und das Land als Arbeitgeber sein. Wir stehen für konstruktive Gespräche und Lösungsvorschläge weiterhin jederzeit sehr gerne zur Verfügung.“

Innenminister Michael Ebling stellte am 28. November 2024 in einer Pressekonferenz unter Anwesenheit der beteiligten Wissenschaftler die Ergebnisse der INSIDER-Studie (Innere Sicherheit und demokratische Resilienz. Bedingungen und Wechselwirkungen polizeilichen Handelns in der pluralen Gesellschaft) vor. Das interdisziplinär und multimethodisch angelegte Forschungsprojekt wurde über einen Zeitraum von drei Jahren (2021-2024) durch eine unabhängige Forschungsgruppe durchgeführt und ist die größte landeseigene, polizeispezifische Studie des Landes Rheinland-Pfalz.

Die Studie war in drei Teilprojekte unterteilt und jedes Teilprojekt leitete auf Basis der empirischen Datenlage Handlungsempfehlungen ab, die uns als Gewerkschaft in unserer gewerkschaftspolitischen Forderungsdiskussion mehr als bestätigen, in Summe 29. Hierunter befinden sich einige, die innerhalb der Polizei zu lösen sind aber auch andere, bei denen die Landesregierung zur Schaffung guter Rahmenbedingungen gefragt ist.

Das psychologische Teilprojekt untersuchte die Arbeitsressourcen und Arbeitsbelastungen innerhalb der Polizei. Positiv hervorzuheben ist, dass sich die Kolleg/-innen trotzt der hohen Beanspruchung sehr verbunden mit der Polizei Rheinland-Pfalz fühlen und unsere Polizeivollzugsbeamt/-innen ein hohes Maß an Demokratieresilienz (Ergebnis des politikwissenschaftlichen Teilprojekts) aufweisen. 

Als Handlungsempfehlungen wird hier seitens der Wissenschaft die Reduzierung unnötiger Belastungen vorgetragen und die Notwendigkeit von personellen Aufstockungen (S. 533). Auch andere bundesweit angelegte Polizeistudien, bei denen sich das Land Rheinland-Pfalz beteiligt hat, kommen wie die MEGAVO-Studie auf wissenschaftlich begründeter Datenlage zu der Erkenntnis, dass unzureichende Personalressourcen die Bewältigung des Arbeitsalltages deutlich erschweren. Weiter sollte die erlebte Wertschätzung durch den Dienstherrn weiter verbessert werden. 

Lange bevor die Ergebnisse der INSIDER-Studie auf dem Tisch lagen, nämlich beim Landesdelegiertentag 2022 in Leiwen haben wir die Aspekte der hohen Arbeitsbelastung und der Forderung nach mehr Personal sowie verbesserter Ausstattung sehr genau festgestellt und in Richtung Landesregierung adressiert.  Als größte Interessenvertretung der Polizeibeschäftigten in Rheinland-Pfalz fordern wir angesichts veränderter Einsatzlagen, zunehmender Gewalt gegenüber unseren Kräften und einer sich immer größeren Arbeitsverdichtung schon seit mehreren Jahren zur langfristigen Sicherung eines flexiblen und elastischen Personalkörpers einen Aufwuchs auf mindestens 10.000 Vollzeitäquivalente bei der Schutz- und Kriminalpolizei. Hierzu sind pro Kalenderjahr mindestens 500 Anwärterstellen erforderlich. Zudem hält die GdP es für notwendig, mindestens 75 Kräfte für den Verwaltungs- und Tarifbereich pro Kalenderjahr einzustellen, um neben den administrativen Bereichen auch in den operativen Bereichen Entlastungsmöglichkeiten zu schaffen, wo dies erforderlich und machbar ist. Bürokratie bindet viel Personal, was wir effektiver und moderner handhaben sollten.

Die stellvertretende Landesvorsitzende Aline Raber betont: „Unsere Kolleg/-innen sind teilweise am Limit. Die INSIDER-Studie hat an einigen Stellen gezeigt, dass die Beschäftigten bei der Kriminalpolizei besonders stark belastet sind. Bei der Kripo sind die Kolleg/-innen sehr häufig mit Tötungsdelikten, Schicksalen und Gewaltverbrechen konfrontiert, die manchmal jenseits des menschlichen Vorstellungsvermögens liegen. Das sind Sachverhalte, die sie so schnell nicht vergessen. Wir konnten als Gewerkschaft der Polizei erreichen, dass die Ermittler/-innen im Bereich der Kinderpornographie zusätzliche freie Tage zur Regeneration erhalten. Die Betrachtung der besonderen Belastungen anderer Beschäftigter muss im Rahmen eines Personalfürsorgekonzeptes hier der nächste Schritt sein. Gleichwohl erneuern wir hiermit unsere Forderung, dass die Polizeizulage nach der Erhöhung noch ruhegehaltsfähig werden muss.“  

Gesundheitsexpertin und stellvertretende Landesvorsitzende Verena Schäfer ergänzt: „Ein Personalaufwuchs muss mit den Aufgaben und der Organisation der Polizei erfolgen, denn er verpufft angesichts verdichteter Arbeitsanforderungen sowie Einsatzlagen relativ schnell, wenn am anderen Ende der Personalkette Kolleg/-innen krankheitsbedingt ausfallen, nur eingeschränkt dienstfähig sind oder aus Frust Dienst nach Vorschrift machen und dadurch deutliche Mehrbelastungen bei den anderen Kolleg/-innen verursachen. Das Thema Gesundheit in der Polizei spielt eine viel zu kleine Rolle, was wir im Sinne unserer Kolleg-/innen nicht akzeptieren. In dem ersten der drei Teilprojekte der Studie sind die resilienzfördernden Arbeitsbedingungen explizit untersucht worden. 

Bauüberfällige Liegenschaften, die teilweise die Kriterien des Arbeits- und Gesundheitsschutzes nicht in Gänze erfüllen, die nicht ordentlich gereinigt werden, die undicht oder feucht sind, sind schlichtweg inakzeptabel. Der Dienstherr hat eine Fürsorgepflicht, welcher er nachkommen muss, allein aus Interesse an der Aufrechterhaltung der Dienstfähigkeit. Es braucht eine eigene Baufachlichkeit im MdI, die sich konzeptionell und strukturell den Problemen widmen kann. Je länger man wartet, umso größer werden die Probleme und die Digitalisierung wartet auch nicht auf die Polizei.“

Sehr häufig werden unsere gewerkschaftspolitischen Forderungen sehr zurückhaltend oder gar negierend von den politischen Entscheidungsträger/-innen des Landes zurückgewiesen. 

In den meisten Fällen führt die Landesregierung die fehlenden Finanzmittel und die Schuldenbremse als Begründung an, seit der Entscheidung in der Bundesratssitzung am 21. März bestünden hier aber Spielräume. Der Landesrechnungshof (LRH) hat die Landesregierung in seinem Jahresbericht 2025 scharf kritisiert. Unter anderem geht aus dem Bericht (Drs. 18/11500) des LRH hervor, dass die Landesregierung erstens zu hohe Haushaltssicherungsrücklagen gebildet und zweitens deutlich zu wenig in die Infrastruktur des Landes investiert habe. 

Rheinland-Pfalz liegt im Vergleich mit anderen Bundesländern bei der Investitionsquote mit 5,3% erneut auf dem letzten Platz. Zum Vergleich: Die anderen Flächenländer investieren durchschnittlich rund 11%, in Rheinland-Pfalz haben sehr viele der polizeilichen Liegenschaften Renovierungsbedarf.

Das soziologische Teilprojekt hat sich insbesondere mit den Wechselwirkungen von Polizei und Gesellschaft befasst. Nach teilnehmender Beobachtung in den Arbeitsbereichen insbesondere des polizeilichen Einzeldienstes bei der Schutzpolizei und der Kriminalpolizei aber auch der Bereitschaftspolizei ergaben sich (ebenfalls) Empfehlungen für personelle Aufstockungen, eine Reaktivierung des Bezirksdienstes und einem Mehr an Erklären von polizeilichem Handeln gegenüber der Gesellschaft. Die Wissenschaftler haben weiter in ihren übergreifenden Handlungsempfehlungen im Übrigen auch weitere Forschung eingefordert (vgl. S. 534), womit wir uns ein weiteres Mal in unseren gewerkschaftspolitischen Forderungen mehr als bestätigt sehen.  Die GdP hat sich seit Jahren für eine eigene Forschungsstelle eingesetzt, die nun auch umgesetzt wurde, hier wäre eine personelle Stärkung von Nöten.

Außerdem schlägt die Wissenschaft sogenannte Sozialraumforen vor, eine Empfehlung, die der GdP-Forderung nach Expertenräten ähnelt. Nach unserer Auffassung sollen hier auf guter Datenbasis (periodischer Sicherheitsbericht) konstruktive Erörterungen von sicherheitspolitischen Themen stattfinden unter Beteiligung von Bürger/-innen, in Polizei und Verwaltung regional Zuständigen und Fachleuten zu den jeweiligen Themen. 

© Stephan Dinges
Stephan Dinges
Die Polizei ist ein Akteur im gesellschaftlichen Feld. Dabei sind die Bürgerinnen und Bürger und die Polizei aufeinander angewiesen. Das bedeute aber auch, dass Polizei mehr Zeit für die Bürgerinnen und Bürger und deren Sorgen und Nöte einbringen müsse. Die Forscher fordern in diesem Zusammenhang einen klassischen Bezirksdienst, "der Zeit für die Menschen" habe und Milieukenntnis besitze. Das können wir nur deutlich unterstreichen”, so die Landesvorsitzende Stefanie Loth. “Gelingen kann es jedoch nur mit dem notwendigen Personal, das müssen wir zukünftig vorsehen. Die Expertengruppe stellte fest, dass es Hinweise auf starke Überbelastungen bei der Schutzpolizei gibt, die mit der verdichtenden Komplexität der Aufgabenvielfalt einhergehen, deshalb darf der Wechselschichtdienst keinesfalls geschwächt werden
Landesvorsitzende Stefanie Loth