12.12.2024
Überstunden bei Teilzeitbeschäftigung
Das Bundesarbeitsgericht hat am 05.12.2024 eine bahnbrechende Entscheidung zur Frage von
Überstunden bei Teilzeit getroffen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5. Dezember 2024 – 8 AZR 370/20–).
Das Gericht stellt darin fest: „Eine tarifvertragliche Regelung, die unabhängig von der individuellen
Arbeitszeit für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines
Vollzeitbeschäftigten voraussetzt, behandelt teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wegen der Teilzeit
schlechter als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte.“ Eine solche Regelung verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter, so das BAG, es sei denn, es existieren sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung. Fehlt es an einem sachlichen Grund, liegt regelmäßig auch eine mittelbare Geschlechterdiskriminierung und damit ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor, da nach wie vor überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigt sind.
Eine dem entschiedenen Fall vergleichbare tarifvertragliche Ausgangslage findet sich in § 7 TV-L. Gemäß § 7 (6) TV-L handelt es sich bei Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige
Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten leisten, lediglich um Mehrarbeit, die keine Zuschläge auslöst. Als Überstunden hingegen werden erst die auf Anordnung des Arbeitgebers jenseits der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten geleisteten Arbeisstunden anerkannt, siehe § 7 (7) TV-L. Anders als Mehrarbeit lösen Überstunden Zeitzuschläge aus, die unter Umständen sogar abgegolten werden (siehe § 8 (1) und (2) TV-L).
Das BAG-Urteil ist noch nicht als vollständige Entscheidung abgefasst und veröffentlicht. Vielmehr werden bis zur Veröffentlichung noch einige Wochen vergehen. Dennoch empfehlen wir unseren eventuell
betroffenen Teilzeitbeschäftigten, die vergangenen 3 Jahre rückwirkend noch einmal auf angefallene Mehrarbeitsstunden, bei welchen es sich um Überstunden handeln könnte, zu betrachten. Zur Wahrung
der Ausschlussfrist des § 37 TV-L und der Verjährungsfrist gem. § 195 BGB könnt ihr diese mit dem
beigefügten, von der GdP Bund entwickelten Formular geltend zu machen. Dabei ist zu beachten:
- Nicht jede Überschreitung des arbeitstäglichen Gleitzeitanteils ist als Überstunde zu werten.
Wichtig ist vielmehr, dass diese Stunden vom Arbeitgeber angeordnet wurden. Dies können auch
angeordnete Schulungen oder Fortbildungen sein.
- Die über die individuelle Arbeitszeit hinaus festgesetzten Arbeitsstunden zählen nur dann als
Überstunden, wenn sie nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen wurden.