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10.09.2024

Sachstand Amtsangemessene Alimentation: Sackgasse statt Schnellstraße!

Beamtenpolitik Besoldung

Auch vier Jahre nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geurteilt hat, dass eine Unterschreitung des Mindestabstands zur Grundsicherung bei der niedrigsten Besoldungsgruppe direkt zur Verfassungswidrigkeit der Besoldung führt, ist der Mindestabstand zur Grundsicherung in Hessen nicht hergestellt.

Nach wie vor wird auf Urteile des BVerfG zu den anhängigen Hessischen Besoldungsklagen gewartet. Allerdings hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in zwei Entscheidungen am 30. November 2021 sehr klar entschieden: „Der Senat ist von der Verfassungswidrigkeit der für die Besoldung des Klägers im Zeitraum Juli 2016 bis Dezember 2020 maßgeblichen Vorschriften überzeugt. Die Alimentation war im streitgegenständlichen Zeitraum evident verfassungswidrig zu niedrig bemessen. Dabei hat der VGH für die Hessische Besoldung die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Mai 2020 angelegt. Nach Ansicht des VGH war die stärkste Unterschreitung im Jahr 2019 zu verzeichnen. In diesem Jahr habe die Alimentation in der Besoldungsgruppe A 5 Stufe 1 um 9,5 Prozent unterhalb des sozialrechtlichen Grundsicherungsniveaus gelegen. Dass das BVerfG zu keinem anderen Ergebnis als der VGH kommen wird, dürfte auch der Einschätzung der Landesregierung und der Landtagsfraktionen entsprechen. Bisher wurden weder Berechnungen vorgelegt, wie hoch die Besoldung mindestens sein muss, noch wurde dargestellt, durch welche Maßnahmen das Land Hessen die Besoldung verfassungskonform weiterentwickeln möchte. Die bisherigen Maßnahmen, eine (zusätzliche) Anhebung der Besoldung um drei Prozent im Jahr 2023 und eine weitere zusätzliche Anhebung der Besoldung um drei Prozent im Jahr 2024, sind unzureichend. Das geht sogar aus der entsprechenden Gesetzesbegründung hervor. Dort heißt es: „Es ist aber auf Grundlage der außer Streit stehenden verfassungsrechtlichen Leitlinien (…) erkennbar, dass die Anforderungen an eine verfassungsmäßige Alimentation mit den getroffenen Maßnahmen nicht zu erfüllen sind.“

Die Übertragung der tariflich vereinbarten Sockelbeträge in Höhe von 200 Euro ab Februar und eine Erhöhung insgesamt um mindestens 340 Euro ab August hätte überproportional die unteren Einkommen gestärkt und somit eine Möglichkeit eröffnet, den verfassungsrechtlich erforderlichen Mindestabständen näher zu kommen. Unserem Vorschlag, den Betrag in Höhe von 200 Euro als Mindestbetrag zu verstehen und die Besoldung unter Beachtung des Abstandsgebots gestaffelt anzuheben, ist die Landesregierung nicht nachgekommen.

Zum Ende der 20. Legislaturperiode lagen allein im Landesdienst 125.000 offene Widersprüche vor, die von 70.000 Beamtinnen und Beamten seit 2013 eingereicht wurden. Diese Widersprüche dürften Ansprüche auf Nachzahlungen erworben haben. Dazu kommen die Widersprüche der Beamtinnen und Beamten der Kommunen und bei den Sozialversicherungen. Damit bestehen erhebliche Haushaltsrisiken. Auch hier müssen die erforderlichen Mittel bereitgestellt und Vorsorge im Landeshaushalt getroffen werden. Nachzahlungen für die vorenthaltene Besoldung in vergangenen Zeiträumen können nicht zu Lasten der gegenwärtigen Beschäftigten und ihrer Arbeitsbedingungen gehen. Das Land Hessen als Dienstherr ist weiterhin nicht attraktiv genug. Notwendig ist eine durchgreifende Verbesserung der Besoldungs- und Arbeitsbedingungen, um das Land Hessen als Dienstherrn wieder attraktiver zu machen. Die Wochenarbeitszeit der Beamten ist wurde immer noch nicht an das im Jahr 2010 tarifvertraglich festgelegte Niveau angepasst. Nach der Anpassung der Wochenarbeitszeit für Beamte bis zum Alter von 50 Jahren auf 41 Stunden pro Woche in 2017 ist von der Landesregierung kein weiterer Schritt unternommen worden. Dabei muss die Verkürzung der Arbeitszeit im Sinne einer höheren Arbeitsqualität und eines Besseren Arbeits- und Gesundheitsschutzes mit der Verhinderung von Verdichtung und Mehrbelastungen einhergehen, indem entweder Aufgaben reduziert werden oder mehr Personal eingestellt wird. Wir fordern das Land auf, endlich in ernsthafte Verhandlungen einzutreten, um zeitnah einen Weg zur verfassungskonformen Besoldung und zum Umgang mit den Widersprüchen zu finden.

Für das laufende Jahr spricht aktuell viel dafür, dass erneut Widersprüche erforderlich werden. Das Land Hessen bleibt bei der Besoldung seiner Linie treu: Gerade so viel, wie unbedingt nötig. Wir stellen euch, soweit nötig, frühzeitig die Musterwidersprüche zur Verfügung!
Bezüglich aller Entwicklungen halten wir euch auf dem Laufenden. Sobald es Neuigkeiten gibt, informieren wir euch rechtzeitig und stellen euch die erforderlichen Muster zur Verfügung.

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Jens Mohrherr

Landesvorsitzender

Telefon 0151/29218934