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© benjaminnolte/stock.adobe.com
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10.04.2025

Koalitionsvertrag: GdP-Vize Sven Hüber zu Asyl und Migration

Bundespolizei Europa Innenpolitik Sicherheitspolitik

Im Gespräch mit der Funke Mediengruppe erläuterte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Sven Hüber die Position der Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit Blick auf die Absichten der sehr wahrscheinlich künftigen Regierungskoalition zu den Themen Asyl und Migration.

Sven Hüber im Wortlaut:

Hinter dem Euphemismus „irreguläre Migration“ versteckt sich klarer ausgesprochen die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen. 

Kriegsflüchtlinge können wegen des fortgeltenden Territorialprinzips weiterhin nur „illegal“ nach Deutschland einreisen und Schutz beantragen. Der Koalitionsvertrag sieht keine Schaffung legaler Antragsstellungsmöglichkeiten und Prüfung von Schutzersuchen im Ausland vor. Damit wird eine territorial vorgelagerte Migrationssteuerung durch die Koalitionäre leider nicht verfolgt.

Das humanitäre Völkerrecht bleibt weiterhin bindend und verpflichtet Deutschland auch zukünftig zur Aufnahme Schutzsuchender. 

Niemand kommt heute illegal ohne Schleuser nach Deutschland. Die GdP begrüßt daher, dass sich in einer Reihe von Vereinbarungspunkten gute Ansätze zu einer besseren und effektiveren Bekämpfung der Schleusungskriminalität finden lassen. Das gilt zum Beispiel für die Speicherung von IP-Adressen, bessere Finanzermittlungen und die vereinbarten Maßnahmen zur verstärkten Bekämpfung der organisierten Kriminalität.

Ob die vorgesehenen Restriktionen beim Familiennachzug nicht auf der anderen Seite zu verstärkten Schleusungsversuchen der Angehörigen führen werden, bleibt abzuwarten.

Auch in Zukunft werden in Deutschland nach einer Prüfung ihrer Schutzersuchen mehr Flüchtlinge schutzberechtigt sein als auf der anderen Seite vollziehbar ausreisepflichtig; bereits heute stehen den 3,5 Millionen legal in Deutschland lebenden Flüchtlingen nur ca. 42.000 tatsächlich vollziehbar Ausreisepflichtige gegenüber. 

Die GdP begrüßt daher, dass zwar die Rahmenbedingungen für schnelle Abschiebungen verbessert werden sollen und hofft auf die politische Schwerpunktsetzung der erstrangigen und bevorzugten Abschiebung von Mehrfach- und Intensivstraftätern. Es ist jedoch bedauerlich, dass der Koalitionsvertrag keine Aussagen zur finanziellen Unterstützung der Länder für ihren Teil der angekündigten Rückführungsoffensive enthält.

Aus Sicht der GdP ist die vereinbarte Verschärfung der Ausweisung bei schweren Straftaten und Propagandadelikten gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung ausdrücklich zu begrüßen. Das gilt ebenso für die beabsichtigte bessere Handhabung von psychisch Erkrankten im polizeilichen Kontext; die GdP versteht darunter auch, dass zukünftig die Erstuntersuchung von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten die Untersuchung der psychischen Gesundheit mit umfassen wird und so eine bessere Gefährdungsprognose möglich wird.

 

Zugleich begrüßt sie GdP die vereinbarten deutlich verstärkten Anstrengungen zur Integration, vor allem der Arbeitsmarktintegration. Denn der deutlich größere Anteil von Flüchtlingen lebt legal im Land und muss daher auch die größere gesellschaftliche Aufmerksamkeit bekommen. Das ist nicht nur gesellschaftlich, sondern auch aus polizeilicher Sicht die beste Prävention. Dies haben die Koalitionäre deutlich gemacht. Dadurch werden sich die gesellschaftlichen Spannungen infolge der Aufnahme von Flüchtlingen leichter abbauen lassen und eine Verbesserung des gesellschaftlichen Klimas und damit auch der öffentlichen Sicherheit bewirken.

© GdP/Kay Herschelmann
GdP/Kay Herschelmann
„Aus Sicht der GdP ist die vereinbarte Verschärfung der Ausweisung bei schweren Straftaten und Propagandadelikten gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung ausdrücklich zu begrüßen.“
Sven Hüber, stellvertretender GdP-Bundesvorsitzender

Die Absicht der unbefristeten Fortsetzung der Grenzkontrollen hat zur Voraussetzung, dass dafür die erforderlichen zusätzlichen personellen und finanziellen Mittel für die Bundespolizei bereitgestellt werden. Der Koalitionsvertragsentwurf enthält dafür jedoch keine Selbstverpflichtung, was die GdP kritisiert. 

Die Umsetzung der GEAS-Vereinbarungen wird ausdrücklich begrüßt, weil sie langfristig Wirkung im Migrationsfeld zeigen werden. Auch die Festlegung auf eine deutsche FRONTEX-Stärkung und eine Europäische Sicherheitsunion sind wichtige Schritte zu einem besseren gesamteuropäischen Grenzschutz.

 

Die vereinbarte Fortsetzung der Grenzkontrollen wird prognostisch bis zum Zeitpunkt eines funktionierenden europäischen Grenzschutzes nicht verhindern können, dass weiterhin an den Grenzkontrollmaßnahmen vorbei mehrheitlich Asylanträge im Inland gestellt und auch entschieden werden. Insofern ist auch nicht zu erwarten, dass die vereinbarte Zurückweisung von Asylantragstellern an der Grenze – so sie europarechtlich und völkerrechtlich überhaupt zulässig ist – objektiv eine überdeutliche Reduzierung der Flüchtlingszahlen bewirken kann. Nach den gegenwärtigen Mitteilungen aus Polen und Österreich ist auch eine Kooperation der Nachbarstaaten fraglich. 

Die Vereinbarung auf ein neues Bundespolizeigesetz ist aus Sicht der GdP erfreulich, enthält aber keinen Hinweis darauf, ob darin auch der Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei von 30 km auf mindestens 50 km ausgedehnt wird, um den polizeilichen Raum für Zurückschiebungen und Zurückweisungen durch die Grenzpolizei zu erweitern. 

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