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© Rainer Fuhrmann/stock.adobe.com
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06.08.2024

Kopelke: Wirksame Prävention erfordert neue Wege

Kriminalität Prävention

Die Bekämpfung von Messerdelikten steckt der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zufolge in der Sackgasse. Die Messerkriminalität sei nicht nur gefühlt hoch, sondern würde durch polizeiliche Zahlen bestätigt. „Die Menschen verlangen mehr Kontrollen durch die Polizei, das Personal dafür reicht jedoch nicht aus. Zudem steigt die Gefahr für die Einsatzkräfte im Kontext polizeilicher Maßnahmen, von Tätern mit Messern attackiert zu werden. Die GdP streitet täglich für sichere Arbeitsbedingungen unserer Kolleginnen und Kollegen. Es ist zutiefst ernüchternd, dass der Gesetzgeber keine wirksamen Vorschläge umsetzt. Die Polizistinnen und Polizisten fühlen sich verheizt“, unterstrich GdP-Bundesvorsitzender Jochen Kopelke am Mittwoch in Bremen.

Die aus Sicht der GdP dringende Novelle des Waffengesetzes war zwar vom Bundesrat angeschoben worden, hänge jedoch im Bundestag fest, erklärte der GdP-Chef. Mit Blick darauf hat die GdP Bundesjustizminister Marco Buschmann in einem Brief aufgefordert, eine konzertierte Offensive zur Bekämpfung der Messerkriminalität auf den Weg zu bringen. Vor diesem Hintergrund sei eine wirksame Amnestieregelung für verbotene und gefährliche Messer notwendig. „Das wäre ein bedeutender Schritt für eine spürbar verbesserte Gefahrenabwehr für unsere Polizei und die Gesellschaft“, verdeutlichte Kopelke. „Wir haben mit unserem Amnestie-Vorschlag den Ball ins Spiel gebracht.“

Länder wie Australien, die Vereinigten Staaten und die Niederlande verzeichneten Kopelke zufolge gute Erfolge beim Thema Waffenamnestie. Dort bewirken finanzielle Anreize, Geschenkgutscheine sowie Straffreiheit, dass mehr Menschen freiwillig illegale Messer abgeben. Auch in Deutschland gab es bereits Waffenamnestie-Programme. So konnten 2009 und Ende 2017/Anfang 2018 Bürgerinnen und Bürger illegale Waffen straffrei bei den Waffenbehörden und der Polizei abgeben. 2009 kamen bundesweit 200.000 legale und illegale Waffen, bei der folgenden Aktion 71.000 Waffen zusammen. 

© GdP/Kay Herschelmann
GdP/Kay Herschelmann
„Wir haben mit unserem Amnestie-Vorschlag den Ball ins Spiel gebracht.“
Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei

„Hersteller und Waffenverbände wollen nicht, dass sich bei der Einfuhr und im Verkauf, analog oder online, etwas ändert“, sagte der GdP-Chef. „Politische Rücksichtnahme braucht angesichts der Tatentwicklungen und des damit verbundenen Leids und der Trauer niemand.“

Hintergrundinformationen zur Thematik „Waffenamnestie“ 

 

„Netflix für dein Butterfly“ – Keine Erfindung der GdP! 
Sowohl in Deutschland als auch im internationalen Ausland sind Waffenamnestien und Rückgabe-Programme etablierte Elemente einer auf Prävention setzenden Kriminalpolitik.

 

Worum geht’s? 
Waffenamnestien und Rückgabeprogramme sind Maßnahmen, die darauf abzielen, die Anzahl illegaler oder unerwünschter Waffen in der Bevölkerung zu reduzieren. Sie bieten oft Straffreiheit für Personen, die solche Waffen abgeben, und können mit zusätzlichen Anreizen wie finanziellen Belohnungen verbunden sein.

 

Wo gibt’s denn sowas?

… in Deutschland gab es in den vergangenen Jahren bereits Waffenamnestie-Programme. 2009 und Ende 2017/Anfang 2018 hatten Bürger:innen bereits Gelegenheit, illegale Waffen straffrei bei den Waffenbehörden und der Polizei abzugeben. 2009 waren dies bundesweit 200.000 legale und illegale Waffen. Bei der folgenden Aktion kamen 71.000 Waffen zusammen. Die Aktionen werden als Erfolg bewertet – so zum Beispiel vom Innenminister Bayerns. Vor diesem Hintergrund befürworten die Innenminister:innen der deutschen Bundesländer, eine erneute Amnestie durchzuführen.

 

… Erfahrungen aus Ländern wie Australien, wo nach dem Massaker von Port Arthur 1996 ein umfassendes Waffenrückkaufprogramm eingeführt wurde, zeigen eine langfristige Abnahme der Waffenkriminalität. Jedoch ist zu betonen, dass diese Erfolge möglicherweise nicht nur auf das Rückgabeprogramm an sich, sondern auch auf strengere Waffengesetze und deren konsequente Durchsetzung zurückzuführen sind.

 

… Waffenamnestien und Rückgabeprogramme können einen nützlichen Beitrag zur Reduzierung der Verfügbarkeit von Waffen leisten. Besonders erfolgversprechend sind diese Programme, wenn sie gut beworben und von der Gemeinschaft unterstützt werden. Sie sollten jedoch nicht isoliert betrachtet werden, sondern als Teil eines umfassenderen Ansatzes, der auch Prävention, Aufklärung und Strafverfolgung umfasst. Zudem ist es wichtig, diese Programme regelmäßig zu evaluieren, um ihre Wirksamkeit sicherzustellen. Diese Erkenntnis legt einschlägige Erfahrung aus Großbritannien nahe.]

 

… auch in den USA sind Rückkaufprogramme für Waffen ein etabliertes Mittel, um der Waffengewalt zu begegnen. Waffenrückkaufprogramme beinhalten dort zum Beispiel, dass die Regierung oder private Gruppe Einzelpersonen dafür bezahlt, Waffen in ihrem Besitz abzugeben. Teilnehmer, die Waffen abgeben, werden durch Bargeld, Geschenkkarten oder andere Entschädigungen bezahlt. Um die Teilnahme von Kriminellen zu fördern, verlangen diese Programme keine Identifizierung der Teilnehmer und führen keine Aufzeichnungen über die Personen, die Waffen abgegeben haben. Die zurückgegebenen Waffen werden anschließend zerstört.

 

… und auch in Europa wird das Mittel der Waffenamnestie – auch speziell zur Begegnung der Messerkriminalitätsproblematik unter Jugendlichen – angewandt. Etwa die Niederlande haben bei umfassenden, zwischen verschiedenen Trägern (Ministerien, Gemeinden, …) abgestimmten Programmen eine hohe Teilnahme verzeichnet.

 

Was bringt’s also? 
Amnestie-Programme sind verbreitet. Und sie können wirksam sein. Die Wirksamkeit solcher Programme hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab. Sie müssen also „gut gemacht“ sein – und nicht nur gut gemeint. Und klar ist auch: Sie können das Problem der zugrunde liegenden Kriminalität an sich natürlich nicht als „Wundermittel“ alleine beheben.